Sorgerecht

Wem steht das gemeinsame Sorgerecht zu?

Der Gesetzgeber sieht grundsätzlich nach dem Familienrecht das gemeinsame Sorgerecht der Eltern vor. Diese haben das Recht und auch die Pflicht, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen.

Es besteht ein gemeinsames Sorgerecht, wenn

  • die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet sind;
  • wenn die Eltern nach der Geburt des Kindes einander heiraten, tritt das gemeinsame Sorgerecht in Kraft;
  • bei nicht miteinander verheirateten Eltern tritt das gemeinsame Sorgerecht ein, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen.

 

Die sogenannte Sorgeerklärung muss zur Wirksamkeit öffentlich beurkundet werden, was zum Beispiel beim Jugendamt oder einem Notar erfolgen kann. Sie kann auch schon vor der Geburt des Kindes erklärt werden.

Das gemeinsame Sorgerecht kann vom Familiengericht übertragen werden wenn der Kindesvater dies beantragt.

Wenn die Kindeseltern nicht miteinander verheiratet sind und keine Sorgeerklärung abgeben, so hat die Kindesmutter die elterliche Sorge (zunächst) alleine. Der Kindesvater kann durch einen Antrag beim Familiengericht, auch ohne die Zustimmung der Mutter, das gemeinsame Sorgerecht erlangen.
Das Gericht muss dabei genau abwägen, was für das gemeinsame Kind am besten ist, dabei steht das Kindeswohl im Mittelpunkt.
Trägt die Mutter keine Gründe vor, die der Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts entgegenstehen können und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht (sogenannte negative Kindeswohlprüfung).

Wer kann das alleinige Sorgerecht beantragen?

In wenigen Fällen weicht das Gericht von dem Grundsatz der gemeinsamen elterlichen Sorge ab, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Dies ist jedoch nur als letztes denkbares Mittel der Fall, wenn nicht weniger einschneidende Maßnahmen in das Elternrecht zur Sicherung des Kindeswohls in Frage kommen, wie zum Beispiel die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bei ansonsten Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn das Kindeswohl konkret gefährdet ist, wird einem Elternteil das gesamte Sorgerecht entzogen.
Vorher verlangt das Gericht eine Stellungnahme dazu vom Jugendamt, bestimmt für das Kind einen Verfahrenspfleger und kann das Kind anhören. Ab dem Alter von 14 Jahren ist die Anhörung des Kindes sogar gesetzlich vorgeschrieben.

Wenn die daraus gewonnenen Erkenntnisse für das Gericht nicht ausreichend sind, um eine Entscheidung zu treffen, holt es ein kinderpsychologisches Sachverständigengutachten über die Erziehungsfähigkeit eines oder beider Elternteile ein.

Kriterien für die Übertragung des alleinigen Sorgerechts:

Ob die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil alleine verhältnismäßig ist, wägt das Gericht anhand folgender Kriterien ab:

  • Kontinuität
  • Förderung
  • soziale Bindung.

Der Richter prüft, welcher Elternteil am besten eine einheitliche und stabile Erziehung gewährleisten kann, was an der Berechenbarkeit, Sicherheit und Dauer der Beziehung des Kindes zu den Elternteilen gemessen wird. Dabei spielt unter anderem eine Rolle, zu welchem Elternteil das Kind eine besonders starke Bindung aufweist.

Bei dem Förderungsaspekt betrachtet das Gericht dagegen, welcher Elternteil die beste Entwicklungsmöglichkeit bieten kann. Dabei spielt unter anderem der Bildungsstand und die finanziell verfügbaren Mittel eine Rolle.

Bei dem Aspekt der sozialen Bindungen achtet das Gericht darauf, dass das Kind nicht aus seinem sozialen Umfeld gerissen, von Geschwistern und anderen Bezugspersonen, wie Verwandten, Freunden und Schule, getrennt wird.

Welche Gründe sprechen für die Übertragung des alleinigen Sorgerechts?

Neben der Abwägung, bei welchem Elternteil das Kind am besten aufgehoben ist, prüft das Gericht auch die Entziehung des Sorgerechts im Hinblick auf die subjektive Ungeeignetheit des Sorgerechtsinhabers.

Hierbei ist der jeweilige Einzelfall zu betrachten. Der Richter entscheidet immer aufgrund der individuell vorliegenden Verhältnisse und der sich daraus für das Kind ergebenden Vor- und Nachteile. Folgende Kriterien werden dabei beispielsweise herangezogen:

  • Erziehungsfehler
  • Kindesvermögengefährdung
  • Missbrauch des Sorgerechts
  • Schulpflichtverweigerung
  • gefährliches Umfeld
  • Vernachlässigung
  • Umgangsverhinderung
  • schädliche Suchterkrankung.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese genannten subjektiven Kriterien der Ungeeignetheit des Umgangs aufgrund schuldhafter Vernachlässigung der Erziehungspflichten vorliegen, sondern ob sie rein objektiv gegeben sind.

Kann das Sorgerecht Stiefeltern übertragen werden?

Da die leiblichen Eltern im Regelfall auch nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht haben, hat der Stiefelternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, kein gesetzlich verankertes Erziehungs- und Mitspracherecht. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der nicht betreuende Elternteil, dem Stiefelternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, eine Vollmacht ausstellt, die diesen berechtigt (einzelne oder alle) Entscheidungen des täglichen Lebens zu treffen.

Steht dem leiblichen Elternteil das alleinige Sorgerecht zu, so kann dieser Entscheidungen des täglichen Lebens für das Kind im Einvernehmen mit seinem neuen Partner treffen oder diesem übertragen.

Kann ein Stiefelternteil die Vormundschaft für das Kind beantragen?

In zwei Fällen kann der Stiefelternteil die Vormundschaft für sein Stiefkind beantragen:

  • Wenn ein Gericht zuvor entschieden hat, dass dem leiblichen Elternteil nicht das Sorgerecht übertragen wird.
  • Wenn der leibliche Elternteil verstorben ist.

Der leibliche Elternteil, der Inhaber der elterlichen Sorge ist, kann durch Testament festgelegen, dass der Stiefelternteil als Vormund eingesetzt werden soll falls er verstirbt. In diesem Fall ist das Gericht grundsätzlich an die Festlegung gebunden.