Zugewinnausgleich

Im Zusammenhang mit der Ehescheidung entstehen häufig Probleme, wenn es um die Frage geht, wem wie viel Geld zusteht bzw. wie dies aufgeteilt wird.
Hierzu hat der Gesetzgeber klare Regelungen geschaffen, wobei der Gedanke zugrunde liegt, dass beide Ehepartner gleich viel während der Ehe zum Vermögenszuwachs beigetragen haben. Deshalb soll jeder der Ehepartner vom Zugewinn zu gleichen Anteilen profitieren.

Zugewinnausgleich, was ist das?

Wenn die Ehepartner durch einen Ehevertrag nichts anderes vereinbart haben, gilt automatisch der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

„Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt“ (§ 1363 Abs. 2 BGB).

Dieses Vermögen gilt es bei der Ehescheidung aufzuteilen.
Das Familiengericht führt den Zugewinnausgleich jedoch nur durch, wenn dies von einem der Beteiligten beantragt wurde.

Unter Zugewinn versteht man die Differenz vom Anfangsvermögen zum Endvermögen

Das bedeutet, dass im Falle der Auseinandersetzung das jeweilige Anfangsvermögen am Tag der Heirat mit dem Endvermögen, am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags an den Antragsgegner, verglichen wird.
Die Differenz zwischen den Vermögensmassen ist der sogenannte Zugewinn während der Ehe.

Der Zugewinnausgleich findet statt, indem zunächst die Höhe des Anfangsvermögens und des Endvermögens ermittelt wird

„Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes gehört“ (§ 1374 Abs. 1 BGB)

Das bedeutet, dass dem vorhandenen Vermögen die Verbindlichkeiten gegenüber gestellt werden müssen. Daher ist es durchaus möglich, dass sich ein negatives Anfangsvermögen ergibt, wenn die Verbindlichkeiten den Vermögensstand übersteigen.

Erbschaften und Schenkungen (sogenannter privilegierter Erwerb) werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet.
Hierbei ist zu beachten, dass das Anfangsvermögen an den aktuellen Stand angepasst werden muss, wegen der zwischen Ehebeginn und Eheende verstrichenen Zeit. Dies geschieht durch die sogenannte Indexierung der einzelnen Werte nach dem allgemeinen Lebenshaltungsindex. Dabei kommt es auf den jeweiligen Erwerbsstichtag des Erbes bzw. der Schenkung an.

Auch Schulden müssen gegebenenfalls in einer eigenen Berechnung angepasst (indexiert) werden.

Im zweiten Schritt muss das Endvermögen beider Ehegatten gesondert ermittelt werden.

„Endvermögen ist das Vermögen, dass einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört“ (§ 1375 Abs. 1 BGB)

Die Zugewinngemeinschaft endet nicht automatisch im Zeitpunkt der Trennung, sondern erst, wenn der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten zugestellt wird.
Dennoch muss jeder Ehegatte auf Verlangen zu diesem Zeitpunkt eine Auflistung seines Endvermögens erteilen. So kann bei der Scheidung leichter nachvollzogen werden, ob durch einen der Ehegatten Benachteiligungen des anderen im Zugewinnausgleich verursacht wurde.
Wenn dies der Fall ist, müssen diese sogenannten vermögensmindernden Positionen in die Berechnung seines Endvermögens einbezogen werden.

Dabei handelt es sich um:

  • Zuwendungen, die ein Ehegatte während der Ehezeit ohne Zustimmung des anderen tätigte,
  • Vermögen, das ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen verschwendete,
  • Vermögen, das ein Ehegatte veräußerte, um den anderen zu benachteiligen.

Diese Vermögensminderung wird derjenigen Partei zugerechnet, die sie verursacht hat.

Wenn sich dann später im Scheidungsverfahren herausstellt, dass die Vermögenswerte des Ehegatten zum Zeitpunkt der Trennung und der Zustellung des Scheidungsantrages erhebliche Unterschiede aufweisen, muss er darlegen, dass die Differenzen nicht aus den oben genannten Punkten heraus resultieren.

Wie wird der Zugewinnausgleich berechnet?

Auf Verlangen des anderen Ehegatten ist ein Verzeichnis der Vermögensmassen zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Scheidung (Zustellung des Scheidungsantrages) zu erstellen. Dazu gehört das vorhandene Vermögen und die abzuziehenden Verbindlichkeiten.

Über die Frage, welche Vermögenspositionen im Einzelnen in den Zugewinnausgleich einzubeziehen sind, wird der Scheidungsanwalt Ihres Vertrauens Sie im Einzelnen beraten.

Aus dem Anfangs- und Endvermögen der beiden Ehegatten ergibt sich der Zugewinn des jeweiligen Partners. Wenn sich die Werte im Ergebnis unterscheiden, kann der benachteiligte Ehegatte einen Ausgleich des Zugewinns verlangen.

„Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu“ (§ 1378 Abs. 1 BGB).

Hierbei ist wichtig, dass es (anders als bei den Positionen von Anfangs- und Endvermögen) einen negativen Zugewinnausgleich nicht gibt. Das bedeutet, dass es bei einem negativen Endvermögen keinen Zugewinnausgleich gibt und der Partner keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich hat. Der Partner mit dem Vermögensverlust hat umgekehrt aber keinen Ausgleichsanspruch seines Verlusts.

Wann verjähren Ansprüche auf Zugewinnausgleich?

Die Verjährung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich erfolgt nach drei Jahren, beginnend mit dem Tag der Kenntnis des gestellten Anspruchs.
Im Falle, dass der Zugewinnausgleich beim Gericht beantragt wurde, beginnt die Verjährungsfrist mit der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts zu laufen.

Ist eine Stundung des Zugewinnausgleichs möglich?

Da nicht in jedem Falle die Möglichkeit besteht, den vollen Ausgleichsbetrag in einer Einmalzahlung zu leisten, kann das Gericht die Stundung des Zugewinnausgleichs beschließen (§ 1382 BGB). Der Schuldner muss die Raten allerdings verzinsen, wobei das Gericht über die Höhe der jeweiligen Raten und des Zinssatzes „nach billigem Ermessen“ entscheidet.

Kann der Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden?

Der Zugewinnausgleich kann durch den ausgleichspflichtigen Partner verweigert werden, wenn die Zahlung des Zugewinnausgleichs an den anderen grob unbillig wäre. Nach dem Gesetz ist dies vor allem dann anzunehmen, wenn der Ehepartner während der Ehezeit absichtlich nicht den ehelichen, finanziellen Verpflichtungen nachgekommen ist und sich zum Beispiel weigerte, einen Beruf auszuüben und zum Unterhalt der ehelichen Lebensgemeinschaft beizutragen.

Ist ein vorzeitiger Zugewinnausgleich möglich?

Unter gewissen Voraussetzungen ist der Zugewinnausgleich auch bereits zulässig, bevor der Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht wird. Hierzu fordert das Gesetz, dass die Eheleute seit mindestens drei Jahren getrennt voneinander leben, oder es zu befürchten ist, dass ein gerechter Zugewinnausgleich verhindert wird durch Verstöße zu zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften oder Verschwendung bzw. mutwillige nachträgliche Verminderung des Vermögens oder der Ehepartner sich willentlich nicht an der ehelichen Verpflichtung beteiligt, für die wirtschaftliche Grundlage der Ehegemeinschaft zu sorgen und dies voraussichtlich auch zukünftig verweigern wird oder der Ehegatte sich beharrlich weigert, die Vermögensauskunft für den Zugewinnausgleich zu erteilen.

Wenn einer dieser Fälle eintritt, kann der ausgleichsberechtigte Partner die vorzeitige Auflösung der Zugewinngemeinschaft beim zuständigen Familiengericht beantragen.

Wie funktioniert der Zugewinnausgleich im Todesfall?

Wenn eine Partei der Zugewinngemeinschaft verstirbt, ist der gesetzliche Güterstand beendet. Dennoch hat der verbliebene Ehegatte einen Anspruch auf Zugewinnausgleich. Das bedeutet, dass er zu dem gesetzlichen Erbteil ein weiteres Viertel aus der Erbmasse erhält.
Dieses Einviertel aus der Erbmasse kann er aus dem Zugewinnausgleich auch dann verlangen, wenn der nicht als Erbe eingesetzt ist.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Der Erblasser hinterlässt Ehefrau und zwei Kinder:

  • Bei Zugewinngemeinschaft: Erbquote Ehefrau ½, je Kind ¼
  • Bei Gütertrennung: Erbquote je 1/3

Aus den obigen Darstellungen können Sie ersehen, dass der Zugewinnausgleich ein komplexes Thema ist. Um Fehler und dadurch entstehende Benachteiligungen zu vermeiden, sollten Sie sich umfassend von einem Fachanwalt für Familienrecht beraten lassen.