Kindesunterhalt

Im Familienrecht ist insbesondere der Kindesunterhalt eine schwierige Materie, die angesichts der Trennung oder Scheidung der Eltern zum Tragen kommt.

Solange die Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben, sind sie dem Kind gegenüber in gleichem Maße zum Unterhalt verpflichtet.

Nach der Trennung hat das Kind einen eigenen Anspruch auf Kindesunterhalt gegenüber dem Elternteil, der nicht in seinem Haushalt lebt. Aufgrund dessen hat das Kind einen Anspruch auf den sogenannten Barunterhalt (§ 1612 a BGB).

Der Elternteil bei dem das Kind lebt und wohnt, also seinen Lebensmittelpunkt hat, erfüllt den Kindesunterhalt im Gegensatz dazu durch die Betreuung und Versorgung des Kindes.

Betreuung und Barunterhalt gelten im Gesetz als gleichwertig.

Wechseln sich die Eltern bei der Pflege und Erziehung des Kindes zu gleichen Teilen ab (sogenanntes Wechselmodell) müssen sie, entsprechend ihrem Einkommen für den Barunterhalt aufkommen (BGH-Beschluss vom 17.01.2017, Az. XII ZB 565/15).

Wichtig: Verstärkter Umgang reduziert nicht die Pflicht für den Kindesunterhalt.

Welche Kinder haben Anspruch auf Kindesunterhalt?

Voraussetzung ist zunächst, dass das unterhaltsberechtigte Kind bedürftig und darüber hinaus der unterhaltsverpflichtete Elternteil leistungsfähig ist.

  • Minderjährige schulpflichtige Kinder sind stets unterhaltsberechtigt.
  • Nicht eheliche Kinder sowie Adoptivkinder sind den ehelichen Kindern gleichgestellt.
  • Stiefkinder und Pflegekinder haben keinen Unterhaltsanspruch gegen den Stiefelternteil.
  • Unverheiratete volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind ebenfalls unterhaltsberechtigt. Voraussetzung ist allerdings, dass sie noch bei den Eltern leben und sich in allgemeiner Schulausbildung befinden (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Wichtig: Der Kindesunterhalt geht allen übrigen Unterhaltsansprüchen vor.

Angenommen es gibt eine geschiedene Ehefrau, mit der er lange verheiratet war und/oder eine Ehefrau von der er getrennt lebt, ist zunächst der Kindesunterhalt aller minderjährigen Kinder und der Kinder bis 21 Jahre, die noch zu Hause wohnen und eine Ausbildung absolvieren, zu bezahlen.

Wer muss Kindesunterhalt zahlen?

Zunächst trifft die Unterhaltspflicht denjenigen Vater
● der Zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, außerdem
● denjenigen, der die Vaterschaft anerkannt hat, oder
● dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 BGB).

Wichtig: Wenn der rechtliche Vater, der nicht der biologische Vater ist, dem Kind Unterhalt zahlt, kann er den leiblichen Vater in Regress nehmen, übrigens auch für die Vergangenheit.

Hier lesen Sie mehr zum: Scheinvaterregress

Wie lange muss der Kindesunterhalt gezahlt werden?

Grundsätzlich besteht die Unterhaltsverpflichtung der Eltern so lange, wie die Kinder außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Dies betrifft ebenso minderjährige, wie volljährige Kinder. Insoweit kommt es auf die konkrete Situation des Kindes an.

  • Kleinkinder und minderjährige Schüler haben demzufolge fast immer einen Unterhaltsanspruch.
  • Behinderte Kinder, die kein eigenes Einkommen oder Vermögen haben, sind unbegrenzt unterhaltsberechtigt.
  • Volljährige Kinder sind unterhaltsberechtigt, wenn sie noch bei den Eltern leben und sich in allgemeiner Schulausbildung befinden.

Darüber hinaus besteht die Unterhaltspflicht nach dem Schulabschluss weiter, sofern sich das Kind noch in einer Orientierungsphase befindet. Wenn es auf der Suche nach einem geeigneten Studienplatz oder Ausbildungsplatz ist, wird ihm eine angemessene Überbrückungszeit zugestanden.

Bricht das Kind hingegen die Ausbildung oder das Studium endgültig ab, entfällt die Unterhaltsverpflichtung unmittelbar.

  • Außerdem sind Auszubildende unterhaltsberechtigt. Wenn sie eine Lehre machen, wird ihre Ausbildungsvergütung allerdings auf den Unterhaltsanspruch angerechnet. Dies gilt übrigens auch dann, wenn das Kind eine Lehre abbricht und eine zweite Lehre beginnt. In einem solchen Fall geht der Gesetzgeber davon aus, dass das Kind das Recht hat, sich beruflich zu orientieren.
  • Studenten sind für mindestens einen Studiengang unterhaltsberechtigt, wobei auch diesem in der Orientierungsphase ein Wechsel zugestanden wird.
    Vernachlässigt der Student ohne wichtige Gründe stetig sein Studium verliert er seinen Unterhaltsanspruch.

Sofern im Anschluss an eine Lehre ein Studium angestrebt wird, besteht die Unterhaltspflicht fort, wenn ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Lehre und Studium besteht. Gegebenenfalls müssen die Eltern auch das Studium (als Weiterbildungsmaßnahme) bezahlen.

Wie wird der Kindesunterhalt berechnet?

Der Mindestunterhalt orientiert sich am Existenzminimum des Kindes. Der Betrag wird jährlich durch Rechtsverordnung neu bestimmt.
Die Beträge variieren je nach dem Alter des Kindes.

Dieser Mindestunterhalt ist zugleich die Ausgangsbasis für die sogenannte Düsseldorfer Tabelle, die von den Familiengerichten, in Abhängigkeit vom Lebensalter und dem Einkommen der Eltern, angewandt wird.

Die Düsseldorfer Tabelle ist nach Altersklassen und Einkommensgruppen eingeteilt.

Wenn das Einkommen der Eltern die festgelegten Einkommensgruppen übersteigt, muss das Kind einen höheren Lebensbedarf konkret darlegen.

Wer erhält das Kindergeld?

Das Kindergeld wird in der Regel dem Elternteil ausgezahlt, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat. Da beide Elternteile von dem Kindergeld profitieren sollen, wird die Hälfte davon von dem Betrag abgezogen, den der Unterhaltsverpflichtete nach der Düsseldorfer Tabelle zahlen muss (§ 1612 b Abs. 1 BGB).

Beim volljährigen Kind zählt das Kindergeld als eigenes Einkommen. Das hat zur Folge, dass es in voller Höhe von dem Unterhaltsbetrag abgezogen wird.

Wie viel muss dem Unterhaltspflichtigen übrig bleiben (Selbstbehalt)?

Der unterhaltspflichtige Elternteil hat einen notwendigen Selbstbehalt, der ihm zur eigenen Existenzsicherung bleiben muss. Dieser Betrag variiert bei Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen und unterscheidet zwischen volljährigen und minderjährigen Kindern und wird entsprechend den Lebenshaltungskosten ständig angepasst.

Kann der Unterhaltsanspruch entfallen?

Zwar kann das Kind auf den Kindesunterhalt nicht verzichten, allerdings gibt es Ausnahmen von der Unterhaltsverpflichtung:

  • Das Kind verfügt über ein so hohes Vermögen, z.B. aus einem Erbe dass es sich selbst unterhalten kann. Es muss sich jedoch lediglich die Erträge aus seinem Vermögen anrechnen lassen, das heißt, zum Beispiel Zinsen oder Mieteinnahmen. Hingegen braucht es nicht auf den Stamm des Vermögens zurückzugreifen. Eine geerbte Eigentumswohnung muss es beispielsweise nicht verkaufen, wohingegen Mieteinnahmen anrechnen lassen.
  • Der unterhaltspflichtige Elternteil verdient sehr viel weniger als der Elternteil, der das Kind betreut. In diesem Falle muss der Besserverdienende auch den sogenannten Barunterhalt leisten.
  • Wenn ein volljähriges Kind heiratet, ist vorrangig der Ehepartner unterhaltspflichtig.
  • Hat ein volljähriges Kind eigene Einkünfte, die seinen Bedarf vollkommen decken (zum Beispiel aus Ausbildungsvergütung), besteht keine Unterhaltsverpflichtung.
  • Wenn das volljährige Kind nicht arbeitet, obwohl es dazu in der Lage wäre, entfällt die Unterhaltsverpflichtung. Ebenso verhält es sich, wenn das Kind auf die Zuteilung eines Studienplatzes wartet. In diesem Falle muss es wenigstens hinzuverdienen.
  • Schwere Verfehlungen, wie zum Beispiel tätliche Angriffe oder sonstige Straftaten gegenüber dem Elternteil, lassen die Unterhaltspflicht entfallen.

Werden eigene Einkünfte des Kindes beim Kindesunterhalt angerechnet?

Grundsätzlich müssen Schüler und Studenten nicht arbeiten gehen. Dies gilt auch für die Ferien. Bei Minderjährigen bleibt eigen verdientes Geld anrechnungsfrei, wenn sie sich zum Taschengeld in den Ferien etwas dazu verdienen. Handelt es sich um regelmäßige höhere Beträge, können diese angerechnet werden. Die Höhe der Anrechnung liegt im Zweifel im Ermessen des Gerichts.
Regelmäßige Einkommen, wie beispielsweise die Vergütung eines Auszubildenden wird immer angerechnet. Ausgenommen davon ist ein sogenannter ausbildungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von 90,00 € monatlich.

Müssen Stiefeltern Kindesunterhalt zahlen?

Eine Unterhaltspflicht der Stiefeltern gegenüber den Stiefkindern besteht nicht.
Wenn diese allerdings in einem Haushalt zusammenleben und öffentliche Gelder beantragen, bilden sie sozialrechtlich eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft. Demzufolge wird das Einkommen des Stiefelternteils auf den Gesamtbedarf angerechnet (§ 9 Abs. 2 SGB II).

Müssen Großeltern Kindesunterhalt zahlen?

Da Verwandte in gerader Linie untereinander unterhaltspflichtig sind (§ 1602 BGB) können sie für den Unterhalt ihrer Enkelkinder herangezogen werden, wenn die leiblichen Eltern nicht leistungsfähig sind. Das bedeutet, dass in diesem Falle eine „Ersatzhaftung“ eintritt.
Allerdings ist dabei zu beachten, dass beiden Großelternteilen ein Selbstbehalt zusteht.

Was ist Sonderbedarf und Mehrbedarf?

Soweit über den täglichen regelmäßigen Bedarf hinaus außergewöhnliche, unregelmäßige und nicht vorhersehbare Ausgaben entstehen, kann das Kind diese als Sonderbedarf geltend machen. Beispiele hierfür sind:

  • Kosten für Brille und Zahnersatz.
  • Arztkosten, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden.
  • Alle größeren Kosten, für die nicht angespart werden kann.

Mehrbedarf besteht hingegen für alle regelmäßigen zusätzlichen Ausgaben, die nicht im Barunterhalt, das heißt, Kosten für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Ferien, Unterrichtsmaterial, oder Taschengeld, abgedeckt sind. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Erlernen eines Instrumentes
  • Tennisunterricht
  • Nachhilfeunterricht

Besteht Sonder- oder Mehrbedarf, müssen beide Elternteile entsprechend der Quote ihres Einkommens für diesen finanziell aufkommen.
Wichtig ist, dass der Anspruch innerhalb Jahresfrist geltend gemacht wird.

Was tun, wenn der Unterhaltspflichtige den Kindesunterhalt nicht zahlt?

Angenommen ein Elternteil ist nicht in der Lage oder Willens, Unterhalt zu zahlen, oder er zahlt zu wenig, gibt es die Möglichkeit, einen Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt zu beantragen.

Demzufolge tritt der Staat, zumindest mit einem Teil des Unterhalts, in Vorlage und nimmt den unterhaltspflichtigen Elternteil dann später in Regress.

Seit Juli 2017 wird der Unterhaltsvorschuss ohne zeitliche Begrenzung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt.

Wie wird der Kindesunterhalt festgelegt?

Sofern sich die Eltern über den Unterhaltsbetrag einig sind, ist die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit den Kindesunterhalt festsetzen zu lassen, den Unterhalt in einer Urkunde beim Jugendamt anzuerkennen.
Damit wird ein rechtsgültiger Titel erlangt, aus dem im Zweifelsfalle auch die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann.
Es besteht auch die Möglichkeit einer Vereinbarung in Form einer notariellen Urkunde.
Lesen Sie hier mehr zur: Trennungsvereinbarung

Andernfalls, das heißt, wenn sich die Eltern über die Höhe des Unterhalts nicht einig sind, bleibt nur der Weg, den Kindesunterhalt gerichtlich festlegen zu lassen.

Aus alledem ist ersichtlich, dass der Kindesunterhalt eine schwierige Materie ist, in der sich der Laie angesichts der Vielfältigkeit der rechtlichen Gegebenheiten kaum ohne anwaltliche Beratung zurecht findet.

Wir kennen Ihre Rechte und helfen Ihnen, diese durchzusetzen!